06 November 2012

This is my own translation of a Kafka story I couldn’t find in English online.

By Franz Kafka

It’s as if something had been neglected in the defense of our fatherland. So far, we haven’t cared for it, and were pursuing our work; but the events of the last times made us concerned.

Es ist, als wäre viel vernachlässigt worden in der Verteidigung unseres Vaterlandes. Wir haben uns bisher nicht darum gekümmert und sind unserer Arbeit nachgegangen; die Ereignisse der letzten Zeit machen uns aber Sorgen.

I have a cobbler’s shop on the square in front of the imperial palace. I’ve scarcely opened my shop in the dawn darkness and I already see the entrances to the incoming streets occupied by armed men. It’s not our soldiers, but rather nomads from the north. It’s incomprehensible to me that the’ve already penetrated to the capital, which is so far from the border. Anyway, there they are; it seems like more arrive every morning.

Ich habe eine Schusterwerkstatt auf dem Platz vor dem kaiserlichen Palast. Kaum öffne ich in der Morgendämmerung meinen Laden, sehe ich schon die Eingänge aller hier einlaufenden Gassen von Bewaffneten besetzt. Es sind aber nicht unsere Soldaten, sondern offenbar Nomaden aus dem Norden. Auf eine mir unbegreifliche Weise sind sie bis in die Hauptstadt gedrungen, die doch sehr weit von der Grenze entfernt ist. Jedenfalls sind sie also da; es scheint, daß jeden Morgen mehr werden.

Their true nature kept them under open skies, since they loathed homes. They busied themselves with sharpening swords, honing arrows, exercising horses. Of this quiet square that’s always kept so fussily clean, they’ve made a real sty. We try sometimes to rush out of our shops and and at least haul off the worst of the filth, but it happens ever more seldom, because the effort is futile and, what’s more, puts us in danger of being trampled by the wild horses or lashed by the whips.

Ihrer Natur entsprechend lagern sie unter freiem Himmel, denn Wohnhäuser verabscheuen sie. Sie beschäftigen sich mit dem Schärfen der Schwerter, dem Zuspitzen der Pfeile, mit Übungen zu Pferde. Aus diesem stillen, immer ängstlich rein gehaltenen Platz haben sie einen wahren Stall gemacht. Wir versuchen zwar manchmal aus unseren Geschäften hervorzulaufen und wenigstens den ärgsten Unrat wegzuschaffen, aber es geschieht immer seltener, denn die Anstrengung ist nutzlos und bringt uns überdies in die Gefahr, unter die wilden Pferde zu kommen oder von den Peitschen verletzt zu werden.

You can’t speak with the nomads. They don’t know our language, and they barely have one of their own. Among themselves they converse almost like jackdaws. Again and again you hear these screeches of jackdaws. Our way of life, our events are as baffling to them as they are indifferent. For this reason they also showed themselves reluctant to use any sign language. You might dislocate your jaw and pull your hands out of joint: they haven’t understood you and they never will. Often they make grimacing faces, then the whites of their eyes appear and foam pours from their mouths. They don’t really want to frighten you or say anything; they just do it because it is their way. What they need, they take. You can’t say that they apply violence. Before their entrance, you step aside and leave them alone.

Sprechen kann man mit den Nomaden nicht. Unsere Sprache kennen sie nicht, ja sie haben kaum eine eigene. Unter einander verständigen sie sich ähnlich wie Dohlen. Immer wieder hört man diesen Schrei der Dohlen. Unsere Lebensweise, unsere Einrichtungen sind ihnen ebenso unbegreiflich wie gleichgültig. Infolgedessen zeigen sie sich auch gegen jede Zeichensprache ablehnend. Du magst dir die Kiefer verrenken und die Hände aus den Gelenken winden, sie haben dich doch nicht verstanden und werden dich nie verstehen. Oft machen sie Grimassen; dann dreht sich das Weiß ihrer Augen und Schaum schwillt aus ihrem Munde, doch wollen sie damit weder etwas sagen noch auch erschrecken; sie tun es, weil es so ihre Art ist. Was sie brauchen, nehmen sie. Man kann nicht sagen, daß sie Gewalt anwenden. Vor ihrem Zugriff tritt man beiseite und überläßt ihnen alles.

They’ve also taken some good pieces of my inventory. I can’t complain about it, though, when I see, for example, what’s happened to the butcher. No sooner does he get his wares than they’re snatched away and devoured by the nomads. Their horses eat meat, too; oten a rider lies next to his horse, and both gnaw on the same piece of flesh, one at each end. The butcher is anxious, and doesn’t dare stop delivery of his meat. We understand, though, and we all chip in to support him. If the nomads don’t get meat, who knows what will occur to them to do? Who knows, though, what will occur to them to do, even if they get meat daily?

Auch von meinen Vorräten haben sie manches gute Stück genommen. Ich kann aber darüber nicht klagen, wenn ich zum Beispiel zusehe, wie es dem Fleischer gegenüber geht. Kaum bringt er seine Waren ein, ist ihm schon alles entrissen und wird von den Nomaden verschlungen. Auch ihre Pferde fressen Fleisch; oft liegt ein Reiter neben seinem Pferd und beide nähren sich vom gleichen Fleischstück, jeder an einem Ende. Der Fleischhauer ist ängstlich und wagt es nicht, mit den Fleischlieferungen aufzuhören. Wir verstehen das aber, schießen Geld zusammen und unterstützen ihn. Bekämen die Nomaden kein Fleisch, wer weiß, was ihnen zu tun einfiele; wer weiß allerdings, was ihnen einfallen wird, selbst wenn sie täglich Fleisch bekommen.

Finally the butcher thought he could at least save himself the trouble of slaughtering, and brought a living ox one morning. He won’t do that again. I lay for a good hour flat on the floot in the very back of my shop with all my clothes, covers, and upholstery piled over me just to keep from hearing the bellowing of the ox as the nomads sprang on it from all sides and with their teeth tore pieces out of its warm flesh. It was silent for a long time before I dared to go outside; like drunks around a wine cask, they lay exhausted around the remains of the ox.

Letzthin dachte der Fleischer, er könne sich wenigstens die Mühe des Schlachtens sparen, und brachte am Morgen einen lebendigen Ochsen. Das darf er nicht mehr wiederholen. Ich lag wohl eine Stunde ganz hinten in meiner Werkstatt platt auf dem Boden und alle meine Kleider, Decken und Polster hatte ich über mir aufgehäuft, nur um das Gebrüll des Ochsen nicht zu hören, den von allen Seiten die Nomaden ansprangen, um mit den Zähnen Stücke aus seinem warmen Fleisch zu reißen. Schon lange war es still, ehe ich mich auszugehen getraute; wie Trinker um ein Weinfaß lagen sie müde um die Reste des Ochsen.

Right then I thought I’d seen the emperor himself in a window of the palace; otherwise he never comes out into these shops, he only stays in the inner garden; but this time he stood there, or so it seemed to me, at his window and looked with lowered head at the tribulations in front of his castle.

Gerade damals glaubte ich den Kaiser selbst in einem Fenster des Palastes gesehen zu haben; niemals sonst kommt er in diese äußeren Gemächer, immer nur lebt er in dem innersten Garten; diesmal aber stand er, so schien es mir wenigstens, an einem der Fenster und blickte mit gesenktem Kopf auf das Treiben vor seinem Schloß.

“What will become of it all?” we ask. “How long will we endure these burdens and torments?” The imperial palace attracted the nomads, but it didn’t understand how to drive them off. The tower remained locked; the imperial guard, which used to march splendidly in and out, kept itself behind shuttered windows. To us craftsmen and merchants is entrusted the protection of the fatherland; but we aren’t up to such a task, nor have we ever boasted to be. It is a misunderstanding, and we will perish because of it.

»Wie wird es werden?« fragen wir uns alle. »Wie lange werden wir diese Last und Qual ertragen? Der kaiserliche Palast hat die Nomaden angelockt, versteht es aber nicht, sie wieder zu vertreiben. Das Tor bleibt verschlossen; die Wache, früher immer festlich ein- und ausmarschierend, hält sich hinter vergitterten Fenstern. Uns Handwerkern und Geschäftsleuten ist die Rettung des Vaterlandes anvertraut; wir sind aber einer solchen Aufgabe nicht gewachsen; haben uns doch auch nie gerühmt, dessen fähig zu sein. Ein Mißverständnis ist es, und wir gehen daran zugrunde.«